(So., 15.01.23/ CS) Zum Jahreswechsel hat die Begleitgruppe die Konsequenz aus dem Vertrauensverlust gegenüber BMUV und BGE gezogen. Bis dahin hatte die regionale ASSE 2-Begleitgruppe (A2B), d.h. die Mitglieder aus der Zivilgesellschaft und den kommunalen Vertretungen, in mehreren Workshops die Situation im Begleitprozess beraten. Auslöser für die Problematik war die „Basta-Entscheidung“ im Sommer 2020 des damaligen Staatssekretärs Flasbarth im Bundesumweltministerium (BMUV), das notwendige Zwischenlager für den rückgeholten Atommüll am „Kuhlager“, d.h. direkt auf dem Gelände des Bergwerks zu errichten. Die langjährige Forderung der A2B, einen Standortvergleich auch mit assefernen Standorten durchzuführen, wurde damit völlig übergangen.
Die A2B beschloss daraufhin im Herbst 2020 den Begleitprozess auszusetzen, d.h. konkret keine gemeinsamen öffentlichen Sitzungen mit BMUV, BGE und NMU durchzuführen. Um die verfahrene Situation aufzulösen, vereinbarten die beteiligten Akteure auf Vorschlag von Herrn Flasbarth im Februar 2021, einen „Beleuchtungsbericht“ an vier unabhängige, gemeinsam ausgewählte Expert:innen zu vergeben, der prüfen sollte, ob die Entscheidung der BGE für das Zwischenlager sachgerecht war. In ihrem Abschlussbericht im Oktober 2021 stellten die Expert:innen fest, dass die A2B - und die sie beratenden Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Option Rückholung (AGO) – davon ausgehen mussten, dass der gemeinsam mit der BGE entwickelte Kriterienkatalog auch auf asseferne Standorte angewendet werden würde. Stattdessen habe die BGE ungerechtfertigter Weise mit dem Verweis auf die dann notwendigen Transporte die Betrachtung von assefernen Standorten von vorne herein ausgeschlossen.
Auf dem Treffen zur Vorstellung und gemeinsamen Auswertung des Berichts unterstützt der damalige Niedersächsische Umweltminister Lies unsere Sichtweise und erklärte, dass „die Region ein Recht auf einen Standortvergleich auch mit assefernen Standorten habe“. Die BGE hingegen sah keine Punkte in dem Bericht, die ihr Vorgehen in Frage stellte; das BMUV schloss sich der BGE-Auffassung an, ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen. Auch die zahlreichen Gespräche, die seitdem auf verschiedenen Ebenen geführt wurden, führten in diesem Punkt zu keiner Veränderung.
Parallel wurde, insbesondere zwischen A2B und BMUV, sondiert, inwiefern die ebenfalls in dem Beleuchtungsbericht genannten Mängel an dem Begleitprozess beseitigt werden können. Dazu soll der Begleit- in einen Beteiligungsprozess gewandelt werden, in dem die jeweiligen Rollen und Aufgaben klarer definiert werden und ein Modus installiert wird, der die beteiligten staatlichen Akteure stärker dazu zwingt, auf Kritik einzugehen. Der Rückholungsprozess wird noch sehr lange dauern und genügend Anlässe für Kritik an geplanten Maßnahmen liefern. Deshalb ist es auch in Zukunft wichtig, dass es eine repräsentative Gruppe aus der Region gibt, die mit Unterstützung von wissenschaftlichem Sachverstand diese Punkte aufgreift.
Das einhellige Ergebnis der o.g. Workshops war, dass die A2B zunächst einmal einen klaren Schlussstrich ziehen wollte und den jetzigen Begleitprozess zum 31.12.22 beendet hat. Gleichzeitig wurde eine „skeptische Bereitschaft“ bekundet, einen Neuanfang mit einem neu zu konstruierenden Beteiligungsprozess zu versuchen. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob es überhaupt gelingt, sich auf neue Regeln zu einigen. Der Druck beim BMUV, hier zu einer Verständigung zu kommen, ist spürbar groß, da der ASSE-Prozess nach wie vor die Blaupause für den Endlagersuchprozess ist.
Die A2B gibt die Forderung nach einem Standortvergleich mit assefernen Standorten nicht auf, auch wenn es zu einer Verständigung auf einen neuen Beteiligungsprozess kommen sollte. Im Gegenteil: Im laufenden Raumordnungsverfahren, das vom Niedersächsischen Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) durchgeführt wird, hat die A2B eine Stellungnahme abgegeben, in der dieser Standortvergleich gefordert wird. Es ist noch nicht absehbar, wie sich das ArL in dieser Frage verhalten wird.
Und noch eine Bemerkung zu der Forderung nach einem Standortvergleich mit assefernen Standorten: Für A2B und die AG Schacht KONRAD ist der Abstand zur Wohnbebauung eines von mehreren zu beachtenden Kriterien in einem Vergleich; ein konkreter Mindestabstand wird aber abgelehnt. Dieser willkürliche Wert würde den von der BGE geplanten Standort „Kuhlager“ ausschließen; die Forderung nach einem Standortvergleich ist - im Zusammenspiel mit diesem Mindestabstand - in Wahrheit eine Position „Zwischenlager nicht bei uns, sondern weg von der ASSE“. Für A2B und die AG ist es hingegen wirklich völlig offen, wie das Ergebnis eines Standortvergleichs – insbesondere nach der Abwägung zwischen jeweiliger Belastung der Anwohner:innen und der Belastung durch die notwendigen Transporte zu einem assefernen Zwischenlager – ausfallen würde.