ÜsiKo

ÜsiKo Phase 1 – BGE verweigert echte Sicherheitsüberprüfung

Die Berechnungen und Planunterlagen für das Projekt Schacht KONRAD stammen aus dem 1980er Jahren. Inzwischen ist die nationale und internationale Endlagerforschung vorangeschritten, wurden Grenzwerte gesenkt und Methoden weiterentwickelt bzw. grundlegend revidiert. Massiver Druck aus der Bevölkerung und die Intervention der Landesregierung nötigten den damaligen Betreiber von Schacht KONRAD, sich 2016 dieses Problems anzunehmen und das Projekt „Überprüfung der sicherheitstechnischen Anforderungen des Endlagers Konrad nach dem Stand von Wissenschaft und Technik (ÜsiKo)“ zu starten. In der ersten Phase sollte anhand eines reinen Aktenstudiums identifiziert werden, ob sicherheitsrelevante Lücken zwischen dem Atommülllager KONRAD und dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik in der Endlagersuche vorlägen. Nur die Punkte, die die Gutachter als relevant einstufen werden in einer zweiten Phase gegebenenfalls weiter untersucht. Die Ergebnisse der Phase 1 liegen seit Beginn 2020 öffentlich vor.

Obwohl die Ergebnisse der ÜsiKo Phase 1 schon seit März 2019 vorliegen, wurden sie von der BGE ohne Begründung erst im Januar 2020 über ihre Webseite veröffentlicht. Transparenz sieht anders aus.

Eine Überprüfung nach Stand von Wissenschaft und Technik findet gar nicht statt! Für eine solche Überprüfung muss das Projekt an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Endlagersuche gemessen werden. Die Gutachter haben aber lediglich geprüft, ob Gesetze und Verordnungen eingehalten werden und sogar darauf verwiesen, dass für KONRAD die „Sicherheitskriterien der Reaktorsicherheits-Kommission für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk vom 20. April 1983“ zugrunde zu legen seien. Damit wird der Name des Projektes zu einer bewussten Irreführung der Öffentlichkeit.

Grundlegende Projektfehler werden ignoriert. Grundlegende Bedingungen einer modernen Standortsuche werden vom Projekt KONRAD nicht erfüllt: Prüfung von Alternativen, Rückholbarkeit bzw. Bergbarkeit, keine Nachnutzung eines alten Bergwerks, Keine Lagerung in Rohstoffvorkommen. Diese schwerwiegenden Mängel spielen bei der ÜsiKo keine Rolle und werden einfach ignoriert.

Neue Daten werden nicht erhoben. Die Datenlage über die Geologie von Schacht KONRAD ist mangelhaft. Sie stammt aus den 1930er und den 1980er Jahren. Eine 3-D-seismische Messung wie jetzt bei der ASSE II, die genaueren Aufschluss über die tatsächlichen geologischen Schichten und Störungen bringen kann, wurde bei KONRAD nie durchgeführt. Auch die Langzeitberechnung für das Projekt KONRAD stammt aus den 1980ern. Doch eine Forderung nach Erhebung neuer Daten und einer Langzeitsicherheitsberechnung nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik sucht man in den Gutachten vergebens.  

Festgestellte Delta werden nicht weiter untersucht. Die ÜsiKo führt sich völlig ad absurdum, wenn von den Gutachtern festgestellte „Deltas“ beim Langzeitsicherheitsnachweis wie fehlende probabilistische Sicherheitsuntersuchungen, Probleme mit den alten Bohrungen und dem Schachtverschluss nicht berechnet werden, weil dies in Phase 1 nicht vorgesehen ist. Und sie dann, fußend auf ihre eigene, mit keinerlei Berechnungen fundierte „Experteneinschätzung“ empfehlen, diese Deltas in der Phase 2 trotzdem nicht weiter zu betrachten.

Die aktuell gültige Grenzwert für die Langzeitsicherheit wird um mehr als den Faktor 10 überschritten. Einzelpersonen der Bevölkerung werden von den radioaktiven Abfälle aus Schacht KONRAD einer mehr als zehnfach höheren effektiven Dosis als aus einem künftigen Lager für hochradioaktive Abfälle ausgesetzt werden. Dies entspricht weder dem Stand von Wissenschaft und Technik, noch ist es in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Die Gutachter ignorieren in ihrer Argumentation für KONRAD den Wert von 10 Millisievert/Jahr für abweichende Ereignisse aus den aktuellen Sicherheitsanforderungen. Zu dem zweiten Wert von 100 Millisievert/Jahr schreiben sie, dass die Exposition bei KONRAD zwar bis zu 260 Millisievert/Jahr betragen kann, da die Prognosen aber so viele Unsicherheiten aufweisen, sei dies quasi eine Einhaltung des Wertes von 100 Millisievert/Jahr.

Neuere Erkenntnisse bezüglich der schädlichen Wirkung von Radon werden nicht berücksichtigt. Etwa fünf Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs in der Bevölkerung sind nach aktuellen Erkenntnissen auf Radon und seine Zerfallsprodukte in Gebäuden zurückzuführen. Auch in diesem Fall versagen die Gutachter in der Erfüllung ihres Auftrages. Sie verweisen auf eine fehlende abschließende Empfehlung der Internationalen Strahlenschutzkommission ICRP und raten, sich erst mal nicht weiter damit zu beschäftigen, obwohl es sich um ein sicherheitskritisches Delta handelt. 

Weitere Kritikpunkte:

  • Die Begutachtung genügt den Anforderungen an Transparenz nicht
  • Aussagen alter Dokumente werden ungeprüft übernommen
  • Im Gutachten der ÜsiKo werden deutlich Zweifel an den Brandbekämpfungsmöglichkeiten geäußert, dies aber nicht als sicherheitsrelevantes Delta ausgewiesen.
  • Flugzeugabstürze werden dem Restrisiko zugeordnet.
  • Terroristische Angriffe werden nicht betrachtet.

Wie geht es weiter mit der ÜsiKo?

Nachdem wichtige Probleme bei Schacht KONRAD als nicht sicherheitsrelevant eingestuft worden sind, verbleiben 32 Punkte, bei denen in Phase 2 die vorhandenen Sicherheitsanalysen aktualisiert werden sollen. Nach der Phase 1 ist auf jeden Fall klar: Eine tatsächliche Überprüfung des Projektes KONRAD nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik findet in der ÜsiKo nicht statt.

Ausführliche Stellungnahme der AG Schacht KONRAD zur ÜsiKo Phase 1

Presseerklärung des Bündnisses Salzgitter gegen KONRAD: "Bündnis fordert sofortigen Baustopp bei Schacht KONRAD!"

Wolfgang Neumann: Bewertung von Ergebnisberichten zur Phase 1 im Rahmen der ÜsiKo

Jürgen Kreusch: Schacht KONRAD - Anmerkungen zur ÜsiKo (Abschlussbericht zur Phase 1)