(Fr., 17.12.2021/ MN) Am 31.12.2021 geht das AKW Grohnde (viel zu spät) endgültig vom Netz.
Die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD war seit Start der Regionalkonferenz AKW Grohnde abschalten in 2011 dort aktiv vertreten. In der Regionalkonferenz kamen Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen aus einem Umkreis von ca. 80 km um den Reaktor zusammen, um die Stilllegung des Atomkraftwerkes in Grohnde durchzusetzen.
Die Arbeitsgemeinschaft hatte gute Gründe, sich neben den Aktivitäten rund um das Weltatomerbe Braunschweiger Land auch dort zu beteiligen, denn die Region Braunschweiger Land liegt lediglich 80 km vom AKW Grohnde entfernt.
Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1985 hatte das AKW Grohnde 279 "Meldepflichtige Ereignisse" und war eines der störanfälligsten in Deutschland während seiner Laufzeit von fast 37 Jahren. Es machte in den letzten Jahren immer wieder Schlagzeilen wegen langwieriger notwendiger Revisionen, die über das übliche Maß hinaus gingen. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass das Risiko der Wiederinbetriebnahme von Grohnde nach den Mängeln, die bei durchgeführten Revisionen festgestellt wurden, unverantwortlich war.
Bis zu 50 Prozent des gesamten nuklearen Inventars hätten bei einem schweren Kernschmelzunfall innerhalb von zwei bis drei Stunden freigesetzt werden können - mit der Folge, dass nicht nur eine Evakuierung der Bevölkerung in der so genannten Mittelzone von einem 20-km-Radius um die Anlage nicht mehr möglich gewesen wäre, sondern auch in viel größerer Entfernung hätten extreme Strahlenbelastungen ein rechtzeitiges Verlassen der betroffenen Gebiete unmöglich gemacht.
Chronik eines Risiko-Reaktors (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
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2018 muss einer der vier Notstromdiesel gegen ein Reserveaggregat ausgetauscht werden.
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2017 / 2018 Grohnde-Resolution zur vorzeitigen Stilllegung des AKWs; dies wird von 17 Kommunen in der Umgebung gefordert, u.a. Bad Oeynhausen, Gütersloh, Herford, Göttingen, Bad Pyrmont, Hameln, Bockenem
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2017: Bei Wartungsarbeiten Ausfall einer elektronischen Baugruppe bei einem zweiten Strang, als gerade einer von vier Sicherheitssträngen abgeschaltet wird. Das hat zur Folge, dass zwischenzeitlich nur noch die zur Störfallbeherrschung notwendigen zwei zur Verfügung stehen.
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2015: Anwohner fordern gemeinsam mit Greenpeace den niedersächsischen Umweltminister mit Verweis auf die gewachsene Gefahr von Flugzeugabstürzen auf, dem AKW Grohnde die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Der lehnt dies nach Konsultation mit dem Bund ab. Daraufhin erheben ein Anwohner aus Grohnde und eine Anwohner-Gemeinschaft aus Bodenwerder im Oktober 2015 Klage beim OVG Lüneburg und beantragen Akteneinsicht.
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Ab der Inbetriebnahme 1985 bis weit in die 90er Jahre führte der Verein für angewandten Umweltschutz (VAU) Umgebungsmessungen rund um das AKW durch. Ein damals noch sehr aufwendiges und teures Unterfangen.
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1985: Inbetriebnahme
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1976: Baubeginn / begleitet von Demonstrationen und Protesten
Endlich wird dieser Risiko-Reaktor abgeschaltet. Ein guter Grund für Aktive der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD, gemeinsam mit verschiedenen Initiativen der Regionalkonferenz Grohnde am 31. Dezember ab 23:00 Uhr (s. Termine AG Schacht KONRAD) am AKW Grohnde im Rahmen einer politischen Versammlung ihre Erleichterung und Freude über die Abschaltung dieses maroden Reaktors auszudrücken, dessen Abschaltung längst überfällig war und seit Jahren gefordert wurde.
Doch mit der Abschaltung ist die Strahlengefahr noch lange nicht zu Ende. Auch beim Rückbau ist größtmöglicher Strahlenschutz notwendig. Auf dem Gelände soll außerdem ein Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen. Auch nach der Abschaltung werden wir genau hinsehen und immer wieder die Minimierung der Strahlenbelastung einfordern.
Jetzt sind es nur noch drei AKWs, die bis Ende 2022 am Netz bleiben: die AKWs in Ohu (Isar 2), Lingen (Ems) und Neckarwestheim 2. Technisch ist nicht ausgeschlossen, dass es auch in diesen Anlagen jederzeit zu einem Kernschmelzunfall mit Freisetzung großer Mengen von Radioaktivität kommen kann.