(11.03.09/BMU-Presse) „Nach der Sichtung der Unterlagen zum ehemaligen ‚Forschungsbergwerk’ Asse II wird immer deutlicher: Es ging bei der Schachtanlage von Anfang an weniger um Forschung, als um die vermeintlich billige Entsorgung von Atommüll“, sagte heute Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. „Die vier großen Energieversorger verdienen mit ihren Atomkraftwerken bis heute Tag für Tag Millionenbeträge. Deshalb kann es nicht angehen, dass allein die Steuerzahler für die Milliardenkosten zur Schließung der Asse aufkommen. Deshalb brauchen wir eine Brennstoffsteuer. Nur so könnten die Mitverursacher des Asse-Desasters wenigstens noch indirekt zur Mitfinanzierung der Sanierungskosten herangezogen werden.“
Obwohl offiziell als „Forschungsbergwerk“ ausgewiesen, wurde die Schachtanlage Asse in zahlreichen Genehmigungen von Atomkraftwerken als Atommüll-Endlager aufgeführt. In den Jahren 1967 bis 1978 wurden dort insgesamt 125.787 Abfallgebinde mit schwach- und mittelaktivem Atommüll eingelagert. Rund 20 Prozent der Gebinde stammen unmittelbar aus Atomkraftwerken der Energieversorgungsunternehmen. Rund 71 Prozent des insgesamt eingelagerten radioaktiven Inventars sind auf die Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente aus Kernkraftwerken in der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe zurückzuführen.
Zwischen 1967 bis 1975 wurden keine Gebühren für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen in die Schachtanlage Asse II erhoben. Bis dahin wurden rund 50 Prozent der Gebinde eingelagert. Ab Dezember 1975 galt die „Gebührenregelung für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen im Salzbergwerk Asse“. Bis zum Ende der Einlagerung 1978 wurden von den AKW-Betreibern Gebühren in Höhe von rund 900.000 Euro gezahlt – angesichts der immensen und noch nicht bezifferbaren Folgekosten ein lächerlich geringer Betrag.
„Wir wissen noch nicht, wie viel die sichere Schließung der Asse kosten wird. Seriöserweise muss man aber leider von einem Betrag jenseits der zwei Milliarden Euro ausgehen. Weitere 2,2 Milliarden Euro fallen für das Endlager Morsleben an. Es kann nicht sein, dass die Gewinne aus der Atomenergie privatisiert und die Kosten für die Schäden sozialisiert werden“, so Gabriel. Der Minister verwies darauf, dass der Bund die Stromgewinnung aus der der Atomkraft in den vergangenen Jahren bereits mit insgesamt rund 20 Milliarden Euro aus Steuergeldern sub¬ventioniert hat – dabei sind die Kosten für die Beseitigung des atomaren Erbes der DDR noch gar nicht einbezogen.
Über 30 Jahre nach dem Ende der Einlagerung des Atommülls können die Energieversorger aber schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht im Nachhinein für eine angemessene Kosten¬beteiligung herangezogen werden. „Es gibt nur einen Weg, mit dem man verhindern kann, dass die Allgemeinheit allein für die Beseitigung des Mülls zahlen muss: Die Einführung einer Brennstoffsteuer, wie es sie beispielsweise in Schweden längst gibt“, sagte Gabriel.
Besteuert werden soll nicht der Strom, sondern die zur Erzeugung eingesetzten Kernbrennstoffe. Die Steuer ist damit eine Inputsteuer, die im Gegensatz zur Strom- und Mehrwertsteuer nicht die Verbraucher, sondern die Betreiber belasten würde. Die Höhe dieser Besteuerung soll so bemessen werden, dass sie ca. 1 Cent pro kWh beträgt. Die Einnahmen würden dann etwa 1,6 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Im Zuge des Ausstiegs aus der Atomenergie würde das Aufkommen bis zur Abschaltung des letzten Atomkraftwerks nach und nach auf Null zurückgehen.
Die Erhebung einer solchen Steuer würde nicht gegen die Vereinbarung zwischen Energie¬versorgern und Bundesregierung zum Atomausstieg aus dem Jahr 2000 verstoßen. Damals sagte die Bundesregierung zu, die Atomkraft nicht steuerlich zu diskriminieren. Seit 2005 wird die Atomenergie jedoch durch den Emissionshandel massiv begünstigt: Durch die Einpreisung der CO2-Zertifikatskosten sind die Strompreise gestiegen, die Stromproduktionskosten der Atomkraft¬werksbetreiber jedoch um keinen Cent. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben die Atomkraftwerksbetreiber hierdurch Extra-Profite von jährlich rund 1,5 Milliarden Euro eingestrichen. „Der derzeitigen wettbewerbsschädlichen und ungerechten Bevorzugung der Atomenergie kann durch eine Kernbrennstoffsteuer abgeholfen werden“, sagte Gabriel. „Eine solche Brennstoffsteuer würde nicht zu höheren Strompreisen führen. Denn der Strompreis wird an der Börse gebildet und orientiert sich in der Regel an den Produktionskosten in einem Kohle- oder Gaskraftwerk.“