(Fr. 28.05.21/MN) So lässt es sich zusammen fassen, warum sich heute ca. 100 Menschen aus der Region Salzgitter / Braunschweig auf den Weg nach Hannover machten, um dem niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies den Antrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses für das Endlager Schacht KONRAD persönlich zu übergeben. Sie vertreten dort eindrucksvoll das breite Bündnis bestehend aus der Stadt Salzgitter, IG Metall Salzgitter-Peine, Nds. Landvolk Braunschweiger Land e.V und der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD, das diese Forderung jetzt stellt und vom zuständigen Ministerium die fachliche Prüfung des Antrages einfordert.
Bereits um 13 Uhr ist alles bestens vorbereitet (selbstverständlich unter Einhaltung der Corona-Regeln und entsprechenden Auflagen), um dem Umweltminister deutlich zu machen: Hier stehen Vertreter bzw. Menschen aus der Region, die das Projekt aus guten Gründen ablehnen und die Aufgabe von Schacht KONRAD eindringlich und auch lautstark (mit Unterstützung von Sambattac Braunschweig) fordern.
Um 14 Uhr geht es dann los vor dem aufgebauten und mit Transparenten ausgestatteten Demo-Wagen, obendrauf u.a. die Kollegen der IG Metall. Davor gelbe Tonnen, Anti-Atomkraft-Fahnen, Menschen mit KONRAD Stoppen-Warnwesten. Ca. 100 Menschen aus der Region, Presse und verschiedene Kamerateams, die alle gespannt darauf warten, dass die Vertreter des Bündnisses und insbesondere die Vertreter der beiden Umweltverbände BUND und NABU den Antrag auf Widerruf begründen und ihn an Olaf Lies übergeben werden, der sich inzwischen ebenfalls am Demo-Wagen eingefunden hat.
Der Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter beginnt seine Begrüßung damit, dass dieser eindrucksvolle Auftakt deutlich macht, dass sich hinter diesem Antrag ein breites Bündnis und letztendlich eine ganze Region versammelt und begrüßt herzlich die Anwesenden und langjährigen Mitstreiter*innen. Es seien viele, die hinter diesem jetzt beschrittenen Rechtsweg stehen, der evtl. auch in die Erwägung einer Klage münden kann, so Frank Klingebiel. Der Kampf gegen Schacht KONRAD hat z.T. im Schatten von Gorleben gestanden, so schlägt Heiner Baumgarten, Vorstand des BUND-Landesverbandes Niedersachsen den Bogen zu dem aufgegebenen Projekt Gorleben, aus dem gelernt werden könne, nämlich dass es möglich ist, solch ein Projekt aufzugeben, wenn es nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Es sei ein deutliches Signal, das heute gesetzt wird - für die Endlagersuche - für die Bundesebene und auch an andere Bundesländer, dafür ist heute ein erster wichtiger Schritt gemacht worden. Petra Wassmann, KONRAD-Beauftragte des NABU Niedersachsen, weist darauf hin, dass am Demo-Wagen ein Transparent der Kindergruppe des NABU Niedersachsen zu sehen sei, das zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses von Kindern gemalt worden ist, die jetzt - 35 Jahre später - immer noch das Projekt KONRAD nicht gutheißen können, da es ihr Leben und die Natur durch die nicht nachgewiesene Langzeitsicherheit gefährdet. Die Menschen können nicht beliebig lange auf das Ergebnis der Überprüfung des Antrages durch das Umweltministerium warten, macht Petra Wassmuss abschließend deutlich.
Das Projekt sei von Anfang rechtswidrig gewesen, so Michéle John, eine der beiden RechtsanwältInnen, die die Umweltverbände vertreten. Für die Forderung nach Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses seien ausreichend Gründe vorhanden. Die Inbetriebnahme von Schacht KONRAD bringt schwerwiegende Nachteile für die Allgemeinheit. Es gilt jetzt den Blick in die Zukunft zu richten, denn es geht schließlich auch um die Zukunft der kommenden Generationen. Da gibt auch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Klimaschutz Hoffnung. Wenn Klimaschutz auch eine Frage der Generationengerechtigkeit ist, dann muss dies doch sicher auch für die Einlagerung von Atommüll und deren Langzeitfolgen gelten. Damit ist das Recht auf „Nachweltschutz“ doch einklagbar – oder? Oder muss nicht die Konsequenz sein, dass ein Projekt ohne den Nachweis der Langzeitsicherheit nicht mit sehenden Augen in Betrieb gehen darf.
Darum geht es – Herr Lies.
Bei der Übergabe des Antrages versichert der niedersächsische Umweltminister Lies, dass er mit großem Respekt den Antrag entgegennimmt und diesen sehr ernst nimmt und dieser intensiv und sorgfältig in seinem Hause geprüft werde. Man werde sich zum Abschluss der Prüfung auch ggf. damit befassen müssen, ob der Planfeststellungsbeschluss in seiner Gültigkeit in Frage zu stellen ist. Da sind auch gleich zwei Mitarbeiter zur Stelle, an die er den Antrag zum Schluss seines Redebeitrages überreicht. Auch er sei sich der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik bewusst und dass sich daraus ein Überprüfungsbedarf ergibt, ob die bestmöglichen Sicherheitsstandards eingehalten bzw. eingezogen werden müssen. Ganz wichtig ist mir, so betont Minister Lies ausdrücklich, dass die Ergebnisse dieser Überprüfung transparent und komplett nachvollziehbar geprüft und offen gelegt werden.
Ludwig Wasmus, Vorstand Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD, macht zum Abschluss der Veranstaltung sehr eindrücklich klar, dass der Antrag die Chance für das Umweltministerium sei, aus dem ganzen KONRAD-Schlamassel rauszukommen, da das Projekt KONRAD nicht funktionieren werde. Das biete einen gangbaren Weg, nun sind die richtigen Entscheidungen zu treffen, denn mit jedem Stein, den die BGE bei KONRAD verbaut, verliere diese ein Stück Glaubwürdigkeit auch im Standortsuchverfahren.
Damit das heutige Bündnis und die Menschen nicht zu lange auf das Ergebnis der Überprüfung warten müssen, werden wir am 4.September wieder hier an dieser Stelle sein und wollen spätestens dann wissen, was mit dem Antrag und dessen Prüfung ist, so Ludwig Wasmus.
Da sind wir sehr zuversichtlich, dass wir mehr, dass wir viele sein werden. Denn viele Menschen in der Region aber auch weit darüber hinaus stehen mit im Protest und Widerstand gegen die Inbetriebnahme des maroden Schacht KONRAD. Das zeigen 289.387 Einwendungen gegen den Bau, 68.139 Unterschriften bei der Einwendungskampagne "KONRAD stoppen statt erweitern"! Und natürlich die beindruckenden Teilnehmerzahlen bei den Protestaktionen der letzten Jahrzehnte, Lichterkette 2009 und 2012, Mahnaktionen bei den Tschernobyl- und Fukushima-Jahrestagen, Frühstücksmeile; Treck von Salzgitter nach Peine in 2018.
Die nächsten Wochen wird uns die Frage nach der Aufgabe des Projektes Schacht KONRAD bewegen. Dazu wird es in den nächsten Wochen mehr Infos und Aktionen geben. Also bis dahin im September, wo wir hier in Hannover wieder auflaufen werden, dann sehen wir uns hier wieder mit sicher mehr Menschen als heute. Mit diesen starken Worten beendet Ludwig Wasmus die Veranstaltung, die uns Mut für unseren Protest macht.