(05.03.08/ Di.) Als Reaktion auf die öffentliche Kritik am Umgang mit dem Atommüll in ASSE II versprachen die beteiligten Ministerien BMU, BMBF und NMU im November 2007 die Öffentlichkeit in die Erarbeitung und Bewertung von Optionen einzubeziehen. Statt eines ergebnisoffenen Optionsvergleiches sollen unabhängige Wissenschaftler jetzt aber nur zu dem bisherigen Schließungskonzept Stellung nehmen dürfen. Sollte das das letzte Wort sein, könnte beschworene „Beteiligungsprozess“ zu Ende sein, bevor er überhaupt angefangen hat.
Um der wachsenden Kritik an der geplanten Flutung des Atommüll-Lagers Herr zu werden (wenn es schon bei der ASSE II nicht klappt), haben die beteiligten Ministerien BMBF, BMU und NMU im November 2007 ein gemeinsames Vorgehen vereinbart und Kommunalpolitik und BürgerInnen angeboten, das Verfahren kritisch zu begleiten. „Vertreter der regionalen Bevölkerung sollen in die Erarbeitung und Bewertung der Optionen einbezogen werden. Die Herleitung des bisherigen Schließungskonzeptes wird hierfür Anfang 2008 als eine Grundlage zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung einer Begleitgruppe durch den Landkreis oder Kreistag wird von BMU, BMBF und NMU gemeinsam befürwortet und unterstützt.“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung vom 21. November unter Punkt 5. Zugestanden wurde sogar, die Benennung von drei unabhängigen Wissenschaftlern für ein Expertengremium, das einen Optionsvergleich durchführen sollte.
Engagiert ging der Landkreis Wolfenbüttel ans Werk und in mehreren Sitzungen wurde im Januar und Februar 2008 das „ASSE-II-Begleitgremium“ eingerichtet. Man gab sich eine Geschäftsordnung und einigte sich auf unabhängige Experten.
Die kalte Dusche kam beim ersten gemeinsamen Treffen mit Ministerien und Experten am 25. Februar 2008 in Wolfenbüttel. Was der zur Koordination des Expertengremiums eingesetzte Vertreter des Kernforschungszentrums Karlsruhe, Bühler, da vorgab, hatte mit einem „ergebnissoffenen Optionsvergleich“ nun überhaupt nichts zu tun, bestenfalls eine „Plausibilitätsprüfung“ von Unterlagen zum gegenwärtigen Schließungskonzept, so ein Beteiligter. Ein systematischer Optionsvergleich, beginnend mit der gemeinsamen Definition von Zielen und Bewertungskriterien, über das Sammeln, untersuchen und bewerten von Optionen ist nicht vorgesehen, allerdings in der vorgegebenen Zeit von einem halben Jahr nicht machbar. Das eigene Initiativen der unabhängigen Wissenschaftler nicht vorgesehen und der Zugang zu Informationen nur vage geklärt ist, kann da nicht verwundern. Auch nicht, dass die Wissenschaftler lediglich für ihre Teilnahme an Sitzungen bezahlt werden sollen, was ihre Möglichkeit, eingenständig zu arbeiten, deutlich limitiert.
Zwar ist für Mittwoch, den 5. März die Konstituierung des Experten-Gremiums angesetzt, aber die ist auf der vorliegenden Grundlage schwer vorstellbar.
Besonders pikant: Während die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die ASSE II auf Sparflamme betrieben werden soll, eröffnete das Bundesumweltministerium, dass es den Beteiligungsprozess der regionalen Interessenvertreter „evaluieren“ lassen will. Der im Zusammenhang mit der Asse initiierte Prozess zur Bündelung der Interessen der Region in Form einer Begleitgruppe habe Pilotcharakter im Endlagerbereich. Erfahrungen aus diesem Prozess sollten deshalb konsequent gesammelt und ausgewertet werden. Dieses ist aus Sicht des BMU insbesondere mit Blick auf eventuelle Beteiligungsprozesse im Zusammenhang mit anderen Endlagerprojekten notwendig und sinnvoll.
Und das ist schon interessant, denn uns war bis dato gar nicht bekannt, dass es noch andere absaufende Atommüll-Lager gibt. Und nur darum geht es bei ASSE II.
Worum geht es also ? - Die Beherrschung der Vorgänge in ASSE II oder die Beherrschung der Kritik an dem unverantwortlichen Vorgehen von Betreibern und Politik ?
Hintergrund: Weil das Salzbergwerk ASSE II (Kreis Wolfenbüttel) zunehmend außer Kontrolle gerät, verfolgt der Betreiber, die bundeseigene GSF seit Jahren das Konzept, den dort lagernden Atommüll zu fluten, bevor er absäuft. Dagegen gibt es seit langem heftige Proteste. Möglich werden soll die Abkehr von der trockenen und gebundenen Endlagerung von Atommüll dadurch, dass das Lager gar nicht erst nach dem dafür vorgesehenen atomrechtlichen Verfahren geschlossen wird, sondern lediglich nach Bergrecht. Ein Sicherheitsnachweis für 1.000.000 Jahre, wie er heute gefordert wird, sei für die ASSE II rechnerisch gar nicht darstellbar, meinte ein Vertreter des BMU auf einer Veranstaltung der GRÜNEN im Niedersächsischen Landtag im Dezember 2007. Die ASSE II sei eben, so ein Vetreter des NMU, ein „Nicht-Bundes-Endlager“.