(Fr., 05.06.15/US) Die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Nationalen Entsorgungs- programm (NaPro) ist vorbei und kaum jemand in Deutschland weiß, dass es ein solches Programm überhaupt gibt. Während die Endlagerkommission in Berlin Monat für Monat stundenlang über mehr oder weniger wichtige Themen diskutiert, schafft die Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen Fakten, durch Verwaltungshandeln, durch Gesetze und Verordnungen oder eben durch die Erstellung eines Entsorgungsprogramms, das im Sommer an die EU-Kommission übermittelt werden wird.
Die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Nationalen Entsorgungsprogramm ist ein Lehrstück, wie Beteiligung formal durchgeführt, de facto aber verhindert wird. Zwei Monate konnten Bürgerinnen und Bürger, Verbände und Behörden Stellungnahmen zum Programm und zum Sicherheitsbericht (der zugegebener Maßen diesen Titel nicht verdient) abgeben. Doch wie sollten sie, wenn sie davon gar nichts wussten? Eine magere Presseerklärung am 1. April und ein auf Unter-Unterseiten versteckter Hinweis auf der Webseite des BMUB – das war alles an Information. Dabei geht es um nicht weniger als das „Programm für eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle“ der Bundesrepublik Deutschland.
Einzig die Region Salzgitter war hellhörig und wehrte sich gegen die Pläne, nach Inbetriebnahme von Schacht KONRAD dort viel mehr und ganz anderen Müll einzulagern, als genehmigt. Sie machte der Bundesumweltministerin einen Strich durch ihre Rechnung und rief unter dem Motto „KONRAD stoppen statt erweitern“ zu Einwendungen auf. 70.000 Menschen aus der Region aber auch aus dem ganzen Bundesgebiet folgten dem Aufruf.
So erfolgreich diese Kampagne war, so verstellt sie doch auch den Blick darauf, dass es im NaPro beileibe nicht nur um das geplante Atommülllager Schacht KONRAD geht. Es geht um den (illegalen) Export abgebrannter Brennelemente aus Jülich und Ahaus. Es geht um die Verlängerung der Zwischenlagerung der Castoren in Gorleben, Ahaus, Lubmin und an den AKW-Standorten durch die Hintertür. Und es geht vor allem um ganz vieles, was der Bundesregierung fehlt: ein irgendwie geartetes Problembewusstsein über den Zustand und die Gefahren der radioaktiven Abfälle, ein auch nur annähernd konsistenter Zeitplan für die Lagerung des Atommülls, konkrete Maßnahmen, wie die Verursacher tatsächlich für ihren Müll zahlen müssen, und vieles mehr. Die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD hat deswegen eine umfassende Stellungnahme zum gesamten Entsorgungsprogramm verfasst, die Sie hier abrufen können.
Mit dem Ende der Öffentlichkeitsbeteiligung ist die Auseinandersetzung um das Entsorgungsprogramm nicht vorbei. Wie das Bundesumwelt- ministerium schreibt, hat das NaPro keine Rechtsnormqualität, ist aber bei allen Entsorgungsplanungen und Verwaltungsverfahren von den Akteuren im Bereich der Entsorgung zu berücksichtigen. Im Herbst soll die 14. Novelle des Atomgesetzes verabschiedet werden, die überhaupt erst die gesetzliche Grundlage für die Erstellung des Programms bildet (obwohl es im August bereits an die EU-Kommission weiter geleitet wird). Falls Empfehlungen der Endlagerkommission später umgesetzt werden, ist ausdrücklich eine Revision des Programms möglich. Und die Bundesregierung muss das NaPro regelmäßig überprüfen und aktualisieren und mindestens alle 10 Jahre eine Selbstbewertung der Umsetzung des Programms vornehmen.