Einer trage des anderen Last
Es gibt Menschen, die verteilen ihren Müll überall. Und es gibt andere, die ihn beseitigen. Solange es sich bloß um Bierdosen, Hamburgerschachteln oder Rasenschnitt handelt, ist das zwar lästig, aber immerhin bleibt der Aufwand relativ gering. Doch gibt es auch schwerwiegendere Hinterlassenschaften, die nicht nur lästig sind. Sie erweisen sich als untragbare und so hartnäckige Lasten, als wären sie auf unseren gebeugten Rücken festgewachsen wie Buckel. Es handelt sich um sogenannte Altlasten. Sie sind zählebig und ein Erbe, das uns ungefragt anhaftet.
Besonders ärgerlich, weil sie nicht nur unsere schöne Welt verhunzen, sondern auch weil die meisten Verursacher, die uns auf ihren Hinterlassenschaften sitzen gelassen haben, sich selber schon längst aus dem Staub gemacht haben oder bereits zu Staub geworden sind. Niemand mehr da, der zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Lasttragenden sind wir.
Altlasten sind Stoffe, die keinen finanziellen Nutzen mehr bringen. Zum Beispiel Atommüll und die ganzen anderen Überbleibsel unserer Wirtschaftsgesellschaft, die alles herausholt, was herauszuholen ist. Die Haftung für die Altlast Atommüll ist jedoch Gegenwart und wir die erste Haftungsgeneration.
Während sich allerdings die sichere Verwahrung der „Neulast“ - also des frischen Atommülls - als nahezu unmöglich erweist, scheint es zumindest für einige atomare Altlasten Lösungen zu geben. Eigens für die Altlasten der Wismut-Uranaufbereitung sind Sanierungstechniken entwickelt worden: belastete Schlämme in einen alten Tagebau füllen, absetzen lassen, Wasser abpumpen und aufbereiten, Deckel auf den abgesetzten Schlamm, Bäume pflanzen, fertig. Was unterhalb dieser Schlämme passiert – darüber müssen wir uns jetzt noch keine Gedanken machen. Ärger mit den Aufsichtsbehörden ist eh nicht zu befürchten, hat doch das Bundesverfassungsgericht höchstselbst eine Sonderkondition für Grenzwerte dieses Projektes eingeräumt. Ist doch klar! Schließlich handelt es sich um einen Einzelfall. Und außerdem, das waren ja nicht wir, die DDR war es, und da wir die Altlast auf sicherem Weg nicht mehr wegbekommen und alles richterlich abgesegnet ist, hat doch alles seine Richtigkeit…
Gute Idee eigentlich. Wir lassen unseren frischen Atommüll solange in den Zwischenlagern, bis niemand mehr zur Verantwortung gezogen werden kann und der Müll zur Altlast gereift ist. Unsere Erben werden das mit der Sanierung schon in den Griff kriegen.
Antonia Uthe