Gefährliche Transporte | (Fr.,22.08.2014 Ut) Der Atomausstieg wurde erklärt, doch die Atomtransporte gehen munter weiter. Tagtäglich rollen diese strahlenden Frachten über Straßen, Schienen und Wasser. Meistens heimlich und unbewacht, dabei sind diese Transporte die Achillesferse der Atomindustrie. Unterwegs auf LKWs in Wohngebieten, ganz normalen Güterzügen oder Passagierschiffen entziehen sie sich jeglicher Kontrolle.
Für den Katastrophenfall gibt es in der Regel weder speziell ausgebildetes Personal noch wurde technische Vorsorge getroffen. Wer für seinen Schwedenurlaub die Fähre der Stena Line von Rostock nach Trelleborg bucht, muss damit rechnen, dass Atomtransporte mit an Bord sind. Und zwar völlig legal. Seit 2009 hat das Bundesamt für Strahlenschutz 70 Transporte des radioaktiven und äußerst giftigen Uranhexafluorid (UF6) auf Fähren genehmigt.
Ein Mitarbeiter der Stena Line wandte sich angesichts der gefährlichen Fracht und unzulänglicher Sicherheitsvorkehrungen besorgt an Reporter der Panorama-3-Redaktion des NDR. Diese gingen der Sache nach. Während die Passagiere auf den oberen Decks untergebracht sind, berichteten sie in einem TV-Beitrag, werden Autos und LKWs, auch mit gefährlichen Transportgütern, in die unteren Decks verladen. Gerade für den Transport von UF6 sind die Sicherheitskriterien einer Passagierfähre überhaupt nicht ausgelegt. Diese Stoffe werden beispielsweise in der Atomfabrik in Gronau benutzt, um Uran anzureichern, das u. a. nach Schweden geliefert wird. Dort wird es dann zu frischen Brennelementen verarbeitet, die wiederum über Fähren oder auf anderen Transportwegen an Atomkraftkraftwerke auf der ganzen Welt geliefert werden. (Foto: Eine Fähre der Stena Line. Das Risiko fährt mit. Screen-Shot des Panorama 3 Berichts vom NDR)
Uranhexafluorid ist besonders gefährlich, wenn es mit Wasser in Berührung kommt. Dann entsteht Flusssäure, ein hochgiftiger ätzender Stoff, der Lungen und sogar Glas zerfrisst. Würde auf einer dieser Fähren etwa ein Brand ausbrechen, könnten schnell Temperaturen von 1000 Grad Celsius entstehen. Dieser Hitze würden die Behälter, in denen das UF6 lagert, nicht lange standhalten. Das UF6 würde freigesetzt werden. Um dies zu verhindern müsste sofort eine Brandbekämpfung mit CO2 oder Stickstoff einsetzen. Damit sind Passagierfähren jedoch nicht ausgerüstet. Es gibt lediglich Sprengleranlagen, die einen Brand eindämmen sollen. Käme dabei jedoch das Löschwasser mit dem UF6 in Berührung und entstünde Flusssäure, dann stiegen deren Dämpfe in die oberen Decks und würden sofort die Atemwege der Passagiere verätzen. Auch eine Bergung von außen wäre dann wohl äußerst schwierig.
Nachdem die Transporte auf der Stena Line öffentlich geworden sind, teilte die Reederei mit, sie werde den Transport von Uranhexafluorid prüfen und wahrscheinlich 2015 einstellen. Sie fürchtet wohl um Ihr Tourismusgeschäft.