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Asse II

ASSE-II-Koordinationskreis informierte:

ASSE II = 2 Bergwerke?

(25-04-08/Di)  Remlingen. Im Dorfgemeinschaftshaus das gleiche Prozedere wie bei jeder Informationsveranstaltung zu Asse II: Es müssen zusätzliche Stühle aufgestellt werden, um die 170 Besucher unterzubringen. Eingeladen hatte der ASSE-II-Koordinationskreis, weil eine für diese Woche vorgesehene Informationsveranstaltung des Landkreises um zwei Monate verschoben werden musste: Die GSF (HZM) hatte die bereits zugesagte Unterstützung wieder zurückgezogen.

Das Thema Asse II brennt allen unter den Nägeln. Dr. Frank Hoffmann vom Koordinationskreis begrüßt die Gäste und dankt insbesondere den Samtgemeindebürgermeisterinnen Regina Bollmeier und Ruth Naumann, Bürgermeister Klaus Warnecke und Heike Wiegel, durch deren Engagement der Begleitprozess angestoßen wurde.

Heike Wiegel erläutert zunächst die aktuellen Baumassnahmen. Mit Hochdruck werden in der ASSE II sog. Strömungsbarrieren errichtet, die die Strömung nach der Schließung des Bergwerkes allerdings nicht wirklich stoppen können (was man bei dem Wort "Barriere" ja denken könnte), sondern nur lenken soll. Das Auspressen von Radionukliden werde nicht verhindert, sondern nur verlangsamt. Diese Strömungsbarrieren sind Teil des Schließungskonzeptes, das ja gegenwärtig noch beraten wird und darum sei es nicht akzeptabel, dass mit ihrer Errichtung jetzt schon Tatsachen geschaffen werden. Der sog. "Begleitprozess", der auf Anregung mehrerer KomunalpolitikerInnen von den zuständigen Ministerien im vergangenen November auf den Weg gebracht wurde, entwickelt sich dagegen schleppend. In der eigentlichen Begleitgruppe arbeiten Vertreter von Landkreis, Parteien, Kommunen und ASSE-II-Koordinationskreis unterstützt von 3 unabhängigen Experten. Ihre Aufgabe ist es, die Belange und Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Dieser Kreis trifft regelmässig mit Vertretern der Ministerien, Fachbehörden und beteiligten Einrichtung zusammen. Darüberhinaus gibt es die "Arbeitsgruppe Optionenvergleich", an der auch die drei unabhängigen Experten beteiligt sind. Hier sollen verschiedene Konzepte erarbeitet und deren Auswirkungen für die Bevölkerung und weitere Generationen verglichen werden, um dann die sicherste Lösung zu finden. Denn Atommüll sollte trocken und gebunden gelagert werden, alles andere wird zur Belastung für unseren Lebensraum. Bisher ist dieser Prozess nur auf ein halbes Jahr angelegt und finanziert, kritisierte Heike Wiegel, und das reicht natürlich nicht aus, für einen umfassenden Vergleich aller Optionen. Bisher stehe auch nur die kritische Überprüfung des Schließungskonzeptes der GSF auf der Agenda und selbst dafür laufen die Arbeiten schleppend. Die unabhängigen Experten bekommen die Unterlagen gar nicht oder sehr, sehr langsam und die Qualität der Unterlagen sei schlecht. Der Koordinationskreis, der den Begleitprozess ansich richtig und notwendig findet, stelle sich angesichts der Diskrepanz zwischen akuten Baumaßnahmen und schleppendem Begleitprozess die Frage: "Sind wir noch in der „Anlauf-Phase“ oder werden wir grade ausgebremst?" 

„Bevor ein umfassender, wissenschaftlicher Optionenvergleich vorliegt, an dem die unabhängigen Wissenschaftler gleichberechtigt mitgewirkt haben und der öffentlich diskutiert wird, darf es keinen Genehmigung der Schließung geben“, resümierte Heike Wiegel, „und natürlich auch keine Baumaßnahmen, soweit sie nicht ausschließlich und in ausgewiesener Weise der bergbaulichen Gefahrenabwehr dienen!“

Auch in vielen Fragen und Beiträge aus dem Publikum wurde die Sorge laut, dass in der ASSE Tatsachen geschaffen werden, während sich der Begleitprozess sehr schleppend entwickelt. Von einer spürbaren Zunahme der Bauaktivitäten wurde berichtet und gefragt, ob die Informationen nicht vielleicht ganz gezielt verzögert werden.

Bei den Baumaßnahmen konnte auch der 2. Vortragende des Abends, Claus Schröder vom Rechtshilfefonds anknüpfen. ASSE-II-Klägerin Irmela Wrede hatte nämlich mit einem Eilantrag versucht, die Baumaßnahmen zu stoppen. Schließlich würde ihre Klage ins Leere laufen, wenn die Schließung erfolgen würde, bevor die Klage verhandelt ist. Das Oberverwaltungsgericht lehnte die Klage ab. Aber nicht weil sie unbegründet sei, sondern weil es meinte, das Land Niedersachsen sei nicht der richte Adressat der Forderung. Es mochte sich indes auch nicht darauf festlegen, wer das denn ist und nannte gleich mehrere Möglichkeiten. Er werde manchmal gefragt, wie es denn kommen könne, dass ein Anwalt nicht wisse, gegen wen er klagen müsse, aber das sei ja auch gar nicht so einfach, bei einem faktischen Atommüllendlager, das aber juristisch nur als Bergwerk behandelt wird. Dafür gebe es nun mal unterschiedliche Gesetze, Verantwortlichkeiten und Genehmigungen. In einem Schreiben habe das Land Niedersachsen sich mittlerweile sogar zu der Behauptung verstiegen, dass es sich ja eigentlich um 2 Bergwerke handele, eines, das wirtschaftlich genutzt wurde und eines, in dem Atommüll liege. Die Schließungsmaßnahmen würde ja nur den Bereich des wirtschaftlichen Bergwerkes betreffen, nicht das Atommülllager. „Dass das Verfahren so undurchsichtig ist, liegt nicht an uns oder dem Anwalt, „meinte Schröder“, sondern daran, dass manche Beteiligte Nebelkerzen werfen. Gleichwohl bleibe das Verfahren ein Motor der Auseinandersetzung und dafür brauche der Rechtshilfefonds weiterhin Unterstützung.

Abschließend erläuterte Dr. Hans-Helge Jürgens, von Beruf Ingenieur für Wasserbau, was ihn vor 30 Jahren als jungen Doktoranten bewog, sich unabhängig mit den Problemen der ASSE II zu beschäftigen. Anhand der öffentlich zugänglichen Unterlagen hatte er alle jene Probleme, die uns bis heute beschäftigen, exakt analysiert und in vielen Details vorhergesagt. Der Betreiber wollte es damals nicht wahrhaben. Viele Untersuchungen, die heute mühsam nachgeholt werden, hätten schon vor vielen Jahren erledigt sein können. Und es zeigt: Die Probleme waren absehbar und sind nicht völlig überraschend aufgetreten.

Dass viele Teilnehmer  trotz des gerade zum Schluss hin anstrengenden Stoffes der Veranstaltung bis 22.30 Uhr folgten und es auch nach diesem Fachvortrag noch engagierte Fragen gab, zeigt, wie wichtig die Zukunft der Asse in der Region genommen wird.