(Do., 15.11.12/Sg) Die Stadt Braunschweig lud am Dienstagabend im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung zur Vorstellung und Diskussion des Entwurfs eines neuen Bebauungsplans (B-Plan) für das Industriegebiet am Mittellandkanal BS- Thune ein. Über 200 BürgerInnen nahmen auf der Tribüne der Sporthalle des Lessinggymnasiums in Wenden Platz. Klaus Hornung vom Fachbereich Stadtplanung und Umweltschutz und Baureferent Schmidbauer erläuterten in einem kurzen Vortrag die Situation und stellten den aktuellen Bebauungsplan vor.
Die Stadt hatte sich gut vorbereitet und zwei kompetente Fachleute aus dem Bereich Stadtplanung geschickt, sowie eine externe Moderatorin, ebenfalls Stadtplanerin, aus Hamburg eingeladen. Sehr schnell wurde deutlich, dass diese Veranstaltung ein Duell zwischen den Vertretern der Stadtverwaltung und BürgerInnen wurde, denn die BürgerInnen konnten in allen Bereichen mitreden und waren sehr gut vorbereitet.
Über 20 gehaltvolle Fragen wurden von den BürgerInnen gestellt. Die Fragestellungen zielten vornehmlich darauf ab, dass es hier, einmal wieder um die Vortäuschung von Wahrnehmung gehe, d.h. nicht um Beteiligung, sondern um das Durchsetzen der Ziele der Stadtverwaltung. Und diese sehen vor, dass das Planziel der "Regelung der Zulässigkeit von Anlagen der Abfallbehandlung" die Erweiterung von Eckert&Ziegler nicht ausgeschliessen werde. Die energischen Schritte und das dazwischen gehen der Moderatorin, wenn die Lautstärke auf beiden Seiten höher anschlug, machte die Kontroverse sichtbar.
Anlass für die brisante Stimmung schuf Fachbereichsleiter Hornung mit seiner sinngemäßen Aussage, dass die Stadt dem Betrieb Erweiterungsmöglichkeiten schaffen wolle. Den Stein ins Rollen gebracht haben nämlich genau diese Baupläne der Firma Eckert&Ziegler, die letztes Jahr einen Erweiterungsbau für ihr Betriebsgelände bei der Stadt beantragt hatte. Dies hatte hohe Wellen bei den BürgerInnen und in Teilen der Kommunal- Politik geschlagen. Die Befürchtungen diese Firma wolle wie von ihr angekündigt, Atommüll im großen Stil im Stadtteil Thune konditionieren, führten zu vielen Widerständen und Streitigkeiten zwischen allen beteiligten Gruppen.
Und nun stellt die Verwaltung eine zukünftige Nutzung des Gebiets vor, in der die Firmen Buchler, GE Healthcare/Buchler und Eckert & Ziegler einbezogen werden, außerdem steht eine Verfünffachung der gewerblichen Nutzung im Raum. 1997 war das Industriegebiet im Flächennutzungsplan auf den jetzigen Bestand zzgl. des bis dahin noch unbebauten Eckert&Ziegler- Grundstückes begrenzt worden - knapp 100.000 m². Der aktuell zu diskutierende Entwurf sieht aber wieder die vollen 230.000 m² von 1978 vor. Genau diesen Umstand wollten die TeilnehmerInnen beantwortet wissen. Fragen zur Definition was der Unterschied zwischen Müll, Schrott, Wertstoffen und z.B. freigemessenen Stoffen ist, was ist unter Abfall zu verstehen sei, die Konditionierung radioaktiver Stoffe ausgeschlossen und was es bedeute zu „entledigen“, machten deutlich, dass die BürgerInnen die Unterlagen der Stadt genauestens gelesen hatten und schwammige Formulierungen im Planungsziel nicht hinnehmen würden. Baudezernent Schmidbauer lobte deren Aufmerksamkeit mit den Worten: „Das haben sie also gemerkt!“, was Anlass zu Spekulationen gibt. Beantwortet wurden diese Fragen mit der wiederkehrenden Aussage Hornungs, dass im vorgestellten Bebauungsplan die Behandlung von Atommüll zulässig wäre.
Die Referenten betonten, dass die Stadtverwaltung den Weg der frühzeitigen Unterrichtung der Öffentlichkeit gewählt hätten, um Transparenz zu schaffen und die Argumente und Kritik der BürgerInnen in die zukünftige Arbeit am Bebauungsplan mit einfließen zu lassen.
Der einzige Weg, einen Bebauungsplan mit weitreichenderen Änderungen zu verwirklichen, wäre über die Ratsfraktionen einen neuen Aufstellungsbeschluss zu beschließen. Ob letztendlich die Bürgerbeteiligung darauf Einfluss hat, wird sich in Zukunft zeigen. Die vor Ort arbeitende Bürgerinitiative BISS empfiehlt unter anderem, dass die Bebauungsmöglichkeit für die seit 40 Jahren landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgehoben wird, es also bei landwirtschaftlich genutzter Fläche bleibt bzw. das Wohnen in den Dörfern Wenden/Thune/Harxbüttel in den Vordergrund gestellt wird, und nicht ein Industriestandort. Hintergrund für das Engagement der BISS ist und bleibt: Sie wollen keine Atommüllverarbeitung im Wohngebiet neben Schulen und Kindergärten. Der bisherige Standort in Wenden/Thune ist definitiv nicht der Richtige für einen Erweiterungsbau der Firma Eckert&Ziegler!
Der Planungsstand zum Bauleitplanverfahren kann im Eingangsbereich des Referates Bauordnung, Langer Hof 6 – 8, sowie im Internet in der Zeit vom 5. bis 27. November 2012 eingesehen werden. (der Termin wurde bis zum 27.11. verlängert, was auf der Seite der Stadt Braunschweig noch nicht geändert wurde)
Die Veranstaltung ist protokolliert worden und kann voraussichtlich ab dem 26. November 2012 auf den Seiten der Stadt Braunschweig nachgelesen werden.
Presse: Braunschweiger Zeitung 14.11.12