(Sa., 06.12.14 Ut) KONRAD stoppen statt erweitern! Mit einer spontanen Demonstration auf der Industriestraße Nord in Salzgitter reagierten BürgerInnen am Freitagabend auf den nationalen Entsorgungsplan des Bundes. Dieser sieht eine Verdopplung des Atommüllvolumens für Schacht Konrad vor – dem Planfeststellungsbeschluss zum Trotz. 23 Trecker führten den Fackelzug an. Wie eine leuchtende Riesenschlange zog er sich von Salzgitter-Bleckenstedt aus, über die Industriestraße Nord hin, bis hinauf zur neuen Auffahrt zu KONRAD II (dem geplanten Einlagerungsschacht). Über 400 Menschen waren gekommen, um deutlich zu machen, dass sie diese Pläne nicht widerspruchlos hinnehmen werden.
An der Spitze des Zuges: Oberbürgermeister Frank Klingebiel, Björn Harmening von der IG Metall Salzgitter-Peine und Ulrich Löhr Vorsitzender vom Landvolk Braunschweiger Land. Als Vertreterin der Jugend lief Maria Dima, die Sprecherin des Jugendparlamentes, mit. Sie alle verkörperten gleichsam „Stände“, die in ihrem alltäglichen Tun wenig miteinander zu verbinden scheint. Doch sie eint die Empörung gegen die Einlagerungspläne in Schacht KONRAD und die Forderung, dieses Projekt endlich zu stoppen.
„Wir machen jedes Jahresende einen Fackelumzug gegen Schacht KONAD“, sagte Harald Streich von den Kanaldörfern gegen KONRAD zum Auftakt der Kundgebung, „aber dieses Mal hat uns die Bundesregierung die Suche nach einem treffenden Motto abgenommen.“ Dem Oberbürgermeister ist die Empörung über die neue Hiobsbotschaft aus Berlin deutlich anzumerken. Er habe davon erst aus der Presse erfahren. „Seit Jahren kämpfen wir gemeinsam gegen KONRAD, weil KONRAD nicht geeignet ist“. Niemand könne vorhersagen was passiert. Alle erklären uns, es sei schon gut, und sie denken der Kampf würde sich schon irgendwann totlaufen. Doch es sei nichts gut! Und es sei auch verlogen! so Klingebiel. Dass mit den Betroffenen nicht geredet werde, sei nicht nur verantwortungslos, das sei schändlich! Sein Weihnachtswunsch sei es, dass der Widerstand lebendig bleibe, denn, so der Oberbürgermeister, der Widerstand gehe von hier nach Berlin und in die Welt.
„In Berlin unterschätzt man gnadenlos den Widerstand, den unsere Region diesem Vorhaben entgegenbringt“, meinte auch Ulrich Löhr. Die Region um Schacht KONRAD liege im Herzen eines Bördegürtels und gehöre somit zu den Kornkammern Europas. Der Boden sei unsere Lebensgrundlage“, so der Landwirt. Er selber käme aus der Asse-Region, aber „Wir dürfen uns unsere Solidarität untereinander, die wir seit Jahren eindrucksvoll mit Lichterketten und Demonstrationen dokumentiert haben, nicht aufgeben“, sagte Löhr zum Thema Einigkeit.
Die Schülerin Maria Dima lebt in Bleckenstedt. Den Turm von Schacht I sieht sie jeden Tag, wenn sie aus dem Fenster sieht. Als sie klein war, fand sie die gelben (Widerstands-)Tonnen cool, die überall an der Straße stehen. Sie sei drauf geklettert. Als sie älter wurde und erfuhr, was sie bedeuten, fand sie das alles gar nicht mehr so lustig. Auch im Jugendparlament haben sie sich mit KONRAD beschäftigt. „Ist doch klar, dass wir dagegen sind“, sei dort der Tenor. Man müsse schließlich nicht hundert Bücher lesen, um zu wissen, dass man nicht gefährdet werden möchte, und um zu wissen, dass Atomkraft gefährlich sei, so Dima.
Björn Harmening nahm es satirisch. „Alles nur ein Missverständnis“, verkündete der IG Metaller und ließ die „Highlights“ des unlauteren Werdegangs des Schacht KONRAD- Projekts, die ganzen Abwiegeleien, Vertuschungen und Lügen noch einmal Revue passieren. Sein Fazit: Es sei eben auch ein Missverständnis zu glauben, wir hätten aufgegeben die Atommüllproblematik nicht wegzudiskutieren.
Solidarität bekundeten die regionalen Bürgerinitiativen aus der Asse und aus Braunschweig. Ulrike Jacob-Prael von der Bürger Aktion Sichere Asse (BASA) erklärte zu den neuen Entsorgungsplänen des BUMB: Hier sollen Standorte gegeneinander ausgespielt werden – aber nicht mit uns.“ – Ähnlich äußerte sich Peter Meyer von der Bürgerinitiative Strahlenschutz (BISS) aus Thune. 40 sog. „konradgängige“ Container seien auf dem Betriebsgelände von Eckert & Ziegler gepackt worden. Hier werden einfach Sachen offiziell beschlossen und durchgepeitscht.
Dass die Solidaritätsgemeinschaft auch bundesweit lebendig ist, zeigt ein Grußschreiben von der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe. In Karlsruhe ist das größte oberirdische Atommülllager der Bundesrepublik. Etwa ein Zehntel der Fässer ist bereits verrostet. Dennoch schreibt die Bürgerinitiative: „Solange noch weiterer Atommüll produziert wird, wenden wir uns gegen jeglichen Atommülltourismus. Wir haben gegen den Transport von hochradioaktivem Atommüll aus Karlsruhe nach Lubmin protestiert und wenden uns auch gegen die Verbringung von Atommüll aus Karlsruhe nach Schacht KONRAD.“
Der Landwirt Ulrich Löhr hat einen Traum und dieser Traum ist es wohl, der alle Menschen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, an diesem Abend verband:
I have a dream: Ich möchte gern in einigen Jahren vor dem Museum Schacht KONRAD stehen. In dieser Ausstellung wird dokumentiert, wie mündige Bürger mit Wissen und Engagement, kurz vor Tore Schluss noch ein total irrsinniges „End“lagerkonzept zu Fall gebracht haben.