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25 Jahre AG

Kooperation als Konzept - Eigenständigkeit der Akteure als Prinzip

Seit 25 Jahren wird in der Region Braunschweig demonstriert, dass die gesellschaftliche Mehrheit gegen Atomenergie ist.

(19.08.2012) Weil sich im Jahr nach Tschernobyl immer mehr Organisationen und Akteure von der Atomenergie distanziert hatten, gründeten Bürgerinitiativen aus Braunschweig, Salzgitter und Wolfenbüttel 1987 eine bis heute bundesweit einzigartigen Organisa­tion: In der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V. arbeiten gleichermaßen Kommunen, Firmen, berufsständische Organisationen, Umweltverbände, Initiativen und Einzelpersonen zusammen. Erklärtes Ziel: In der von den Atommüll-Projekten ASSE II, Morsleben und Schacht KONRAD betroffenen Region deutlich machen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Atomenergie ablehnt und die kritische Auseinandersetzung um die drei Standorte organisieren. Am Freitag, dem 17. August 2012 zog die Arbeitsgemeinschaft vor der Presse in Braunschweig Bilanz und erläuterte Perspektiven für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

Die Bilanz dieser Kooperation kann sich sehen lassen:

  • Bereits 1990, unmittelbar nach der Grenzöffnung, eröffnete die Arbeitsgemeinschaft mit einer ersten Schwachstellenanalyse die Auseinandersetzung um das Ex-DDR und dann auch bundesdeutsche Endlager in Morsleben, unterstützte die Entstehung von Bürgerinitiativen, Klagen und Kampagnen.
  • Mit einer bundesweiten Kampagne machte die Arbeitsgemeinschaft 1991 das Endlager-Projekt Schacht KONRAD bundesweit bekannt und sammelte 289.387 Einwendungen gegen die Pläne. Nach Wackersdorf (880.000) die zweitgrößte Zahl an Einwendungen in einem deutschen Genehmigungs­verfahren. Es folgten der 6monatige Erörterungstermin 1992/93, die fachliche und politische Auseinandersetzung um die rot/grüne Genehmigung 2002, die Sicherstellung, Vorbereitung und Durchführung von Klagen durch alle Instanzen.
  • Beharrlich verfolgte die Arbeitsgemeinschaft über zwei Jahrzehnte auch das Ziel, den Bund in die Pflicht und die von vielen schon verloren geglaubte Auseinandersetzung um die ASSE II wieder aufzunehmen, was 2007 dann schließlich in einer gemeinsamen Kraftanstrengung vieler neuer und alter Akteure gelang.

„Wichtig ist nicht, was die Arbeitsgemeinschaft selber macht, sondern was sie möglich macht“, erläutert Peter Dickel: „Natürlich spielen Kommunen und Gewerkschaften und kirchliche Gruppen andere Rollen und haben andere Kommunikationsformen. Wichtig ist, dass diese erkennbar zusammenwirken“. Die Kommunen etwa haben seit den 80er Jahren eine lange Tradition, sich an der fachwissenschaft­lichen Auseinandersetzung an den drei Standorten zu beteiligen. Es gibt aber auch klare Positionie­rungen aus den Gremien und die Unterstützung von Aktionen. Bundesweit einzigartig: Aus den Metallbetrieben in Salzgitter hat es bisher 3x betriebliche Aktionen gegen Atomenergie während der Arbeitszeit (2000, 2006, 2010) gegeben und Salzgitter dürfte bundesweit wohl der einzige Standort sein, an dem seit 2006 fast jedes Jahr (außer 2008) mindestens einmal jährlich Jahr 5.000 – 10.000 Menschen demonstrierten.

Exemplarisch deutlich wurde die Stärke der Region in den Lichterketten 2009 mit 15.000 TeilnehmerInnen und 2012 mit mehr als 24.000 TeilnehmerInnen: In einer erkennbar verbindenden Aktion, konnte sich jede/r dort wo er/sie lebt und betroffen ist, mit seinen spezifischen Ausdrucksformen beteiligen. Die Lichterkette 2009 zeigte, was regional möglich ist und war ein Aufbruchssignal für eine ganze Reihe bundesweit wachsender Anti-Atom-Proteste. Mit der Lichterkette 2012 haben wir eindrucksvoll gezeigt, dass die bundesweite Auseinandersetzung um Atomenergie noch lange nicht zu Ende ist.

In der bundesweiten Auseinandersetzung hat sich die Arbeitsgemeinschaft seit 2009 bemüht, die Erfahrungen aus der Region wirksam zu machen. Wir treten ein, für eine breite Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen und Respekt gegenüber der Eigenständigkeit der betroffenen Akteure. Exemplarisch stehen von uns bundesweit koordinierte Aktionen wie der Castor-Strecken-Aktionstages am 23.Oktober 2010 und die Standortaktionen zum 25. Tschernobyl-Jahrestag am Ostermontag 2011.

„Wir haben in den letzten 25 Jahren einen nicht ganz unwesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass sich das gesamtgesellschaftliche Meinungsklima nach und nach verändert hat. Dazu bedarf es nicht nur spektakulä­rer Einzelaktionen und hektischer Tagesarbeit, sondern v.a. auch eines langen Atems und einer klaren Orientierung“.

Auseinandersetzung um Atomenergie noch nicht zu Ende !

Auch nach dem Bundestagsbeschluß über „Atomenergie und Energiewende“ vom Sommer 2011 bleibt Atomenergie ein strittiges Thema. Dabei geht es nicht primär um Wissen, sondern um Macht und Interessen. Es geht nicht darum, was auf Papier geschrieben steht, sondern was in Wirklichkeit passiert. Insbesondere in der Auseinandersetzung um ASSE II und das AKW Grohnde werden die Parteien in den nächsten 13 Monaten bis zur Bundes­tagswahl Farbe bekennen müssen, wie Ernst sie die Atom-Gefahren tatsächlich nehmen.

Beim Atommüll noch nicht mal am Anfang einer ernsthaften Auseinandersetzungen !

Das sog. Endlager-Suchgesetz ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist. Es löst keines der wirklichen Probleme und schafft viele neue. Würde es so beschlossen, wie gegenwärtig diskutiert, wäre das die Garantie dafür, dass es eine neue Runde kontroverser Auseinandersetzungen gibt. Die Verantwortlichen sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass es im 2.0-Zeitalter ein anderes Verhältnis zur Autonomie und ein anderes Selbstbewusstsein der Betroffenen gibt, auch bezüglich ihres Lebensraumes gibt.

Die Räumung der ASSE II – und ebenso des Endlagers Morsleben – bleibt eine unmittelbar zwingende, aber erst noch durchzusetzende Aufgabe. Eines aber muss jedem klar sein: Scheitert die Räumung der ASSE II, ist damit auch die Vorstellung, man könne Atommüll für die Ewigkeit in tiefen geologischen Formationen verbauen, ohne jede weitere Diskussion vom Tisch . Gorleben und KONRAD wären damit obsolet.

Unabhängig davon wird sich die Auseinandersetzung um Schacht KONRAD in der zweiten Hälfte des Jahrzehntes fachlich und politisch zuspitzen.

Angesichts der immensen Dauer, in der sich die Auseinandersetzung entwickelt, sehen wir uns vor die Aufgabe gestellt, angemessene Mittel und Wege zu entwickeln, die Erfahrungen aus der Atom­ener­giekontroverse über Generationen zu vermitteln.

Nachhaltige Energiewenden

Angesichts der aktuellen Diskussion um die Kosten der Energiewende und ihre Verzögerung wird deutlich: Eine nachhaltige Energiewende wird nur möglich sein, wenn der Impetus der Abwendung existenzieller Gefahren wirksam bleibt: Super-GAU, Klimawandel und die damit verbundenen Lasten für tausende von Generationen.