Lebendig begraben | Während die Erbauer von Kriegsgerät ihre Panzer gern mit Tiernamen (Leopard, Marder, Fuchs…) belegen, als seien es Fabelwesen, frequentiert die Atommüllindustrie lieber die griechische Götterwelt. Nachdem des Castors guter Name für Transport- und Lagerbehälter radioaktiver Stoffe herhalten musste, wurde auch sein Bruder Pollux vom Olymp heruntergestoßen, um einer ähnlichen Sache zu dienen. Soll er doch in Zukunft Brennstäbe für die Ewigkeitslagerung verwahren.
Pollux und Castor, Zwillinge, Söhne der Leda, in einer Nacht gezeugt, doch von verschiedenen Vätern. Und weil Pollux, der Unsterbliche, nach dem Tod seines Bruders untröstlich war, erlaubte ihm sein Erzeuger, der göttliche Zeus, seinen Zwilling Castor in der Unterwelt zu besuchen. Nur musste er, das war die Abmachung, immer wieder ans Tageslicht zurückkehren.
Und die gegenwärtigen Herren des atomaren Olymps, was haben sie aus ihnen gemacht? Sie haben die Sache einfach umgekehrt. Der Castor bleibt oben, während die atomaren Hinterlassenschaften dem Pollux einverleibt werden. Der mag nun in der Unterwelt schmoren, bis er zerfällt. Doch sein strahlender Inhalt, der Unsterbliche –der wird wohl wieder, das ist jedenfalls zu befürchten, ans Tageslicht zurückfinden.
Antonia Uthe