Newsübersicht

International

"Uranmüllexporte von Gronau nach Russland stoppen"

Russisch-deutscher Appell: Russland ist keine Müllkippe für Atomabfälle – Breites Bündnis aus beiden Ländern gegen deutsche Urantransporte

(18.06.20/ BUND Berlin) In einem gemeinsamen Appell hat ein breites russisch-deutsches Bündnis von Organisationen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Wladimir Putin aufgefordert, die Transporte von Uran-Hexafluorid aus Deutschland nach Russland sofort zu stoppen. Laut Bundesregierung sind die Transporte nicht genehmigungspflichtig, weil das abgereicherte Material als Wertstoff gilt. Während die Rückführung von Castoren nach Deutschland wegen der Corona-Pandemie zum Schutz der Einsatzkräfte gestoppt wurde, geht die Verschiffung des hochgefährlichen Uran-Hexafluorids (UF6) nach Russland ungehindert weiter. 

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Die Bundesregierung sieht tatenlos zu, wie ein Teil des ungelösten Atommüllproblems wieder still und heimlich nach Russland entsorgt wird. Deutscher Atommüll darf aber nicht in anderen Ländern endgelagert werden und Leben gefährden. Deutschland muss endlich einen kompletten Atomausstieg vollziehen. Solange die Urananreicherungsanlage Gronau und die Brennelementefabrik Lingen unbefristet weiterlaufen dürfen, kann davon keine Rede sein." 

In dem Appell werden die Behörden Deutschlands und Russlands aufgefordert, Transporte von Gefahrgut von Europa in die Ural- und sibirischen Regionen Russlands zu beenden. Sie widersprächen den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und der Basler Konvention zur Kontrolle der grenzüberschreitenden Beförderung und Entsorgung gefährlicher Abfälle, heißt es in dem von über 25 Organisationen, Abgeordneten und Experten unterzeichneten Papier. 

Vitaly Servetnik, BUND-Partnerorganisation Russische Sozial-Ökologische Union: "Dieses Problem in ein Land mit schwächeren Umweltvorschriften und schwächerer öffentlicher Kontrolle zu verlagern, ist unverantwortlich und ungerecht. Die Behörde Rosatom sollte nicht davon profitieren, ein riesiges russisches Territorium in eine Mülldeponie zu verwandeln. Dieses Verbrechen an nachfolgenden russischen Generationen muss sofort gestoppt werden."

Die Transporte nach Russland wurden vor zehn Jahren aufgrund des gesellschaftlichen Drucks eingestellt, im Oktober vergangenen Jahres aber wiederaufgenommen. Das mit abgereichertem Uran-Hexafluorid beladene Schiff "Mikhail Duding" soll am Montag, um 5 Uhr MESZ im russischen Hafen von Ust-Luga an der Ostsee eintreffen. Die Fracht wird dann auf der Schiene durch das radioaktiv kontaminierte Gebiet von Tschernobyl in den Ural transportiert.

Matthias Eickhoff, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen: "Die Bundesregierung erlaubt dem Urananreicherer Urenco und dessen Anteilseignern RWE und Eon eine sehr kostengünstige, aber extrem unverantwortliche Atommüll-'Entsorgung' im Ausland. Das zeigt das ganze Dilemma der Atomenergienutzung – die Produzenten und Profiteure müssen keinerlei Eigenverantwortung übernehmen. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung einen verbindlichen und lückenlosen Exportstopp für Uranmüll sowie für angereichertes Uran aus Gronau und Brennelementen aus Lingen."

Die Urananreicherungsanlage in Gronau wird von der Firma Urenco betrieben, die zu je einem Drittel Großbritannien, den Niederlanden sowie RWE und Eon gehört. Laut Anreicherungsvertrag zwischen Urenco und der russischen Firma Tradewill sollen 12.000 Tonnen in den nächsten zwei Jahren zur Wiederanreicherung bereitgestellt werden. Allerdings sind etwa 90 Prozent nicht wiederverwertbar und werden voraussichtlich dauerhaft in Russland verbleiben. 

Oleg V. Bodrov, Vorsitzender des Öffentlichen Rates der südlichen Küste des Finnischen Meerbusen: "Wenn die deutsche Atomwirtschaft nicht über eine kostengünstige, sozialverträgliche Technologie zur Aufbereitung von abgereichertem UF6 verfügt, dann ist das Abfall. Gemäß dem Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung vom 22. März 1989 muss die deutsche Wirtschaft eine Lösung für die sichere Lagerung dieser Materialien in Deutschland finden. Der Export von abgereichertem Uranhexafluorid verlagert die Probleme von Deutschland nach Russland, ist aber keine Lösung."