Pressemitteilung Lingen/Münster, 13. Januar 2021
Widerspruch gegen Transportgenehmigung beim BASE/ Zweifel an Zuverlässigkeit des Betreibers/ Welche Verantwortung tragen Aufsichtsbehörden?
Zwei AtomkraftgegnerInnen aus Lingen und Freiburg haben beim für Atomtransporte zuständigen Bundesamt BASE Widerspruch gegen die Transportgenehmigung für Lieferungen von Brennelementen aus der Brennelementefabrik Lingen ans Schweizer AKW Leibstadt eingelegt. Sie gehen davon aus, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfaltet. Damit reagieren sie auf gestrige Meldungen, dass der Brennelementehersteller Framatome/ANF in Lingen trotz eines vom Unternehmen selbst angestoßenen Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt im Dezember gleich zweimal augenscheinlich rechtswidrig Brennelemente ans AKW Leibstadt geliefert hat.
Deshalb hatte gestern unter anderem der BUND Südlicher Oberrhein Strafanzeige gegen Framatome gestellt. Laut taz hat das Bundesumweltministerium angekündigt, dass auch das für Exporte zuständige Bundesamt BAFA die Staatsanwaltschaft einschalten werde. Für die unerlaubte Ausfuhr von radioaktiven Stoffen drohen nach §328 StGB bis zu fünf Jahre Haft.
„Wir sind entsetzt, dass sich Framatome/ANF über das laufende Rechtsverfahren hinweggesetzt hat und damit anscheinend Rechtsbruch beging. Es ist skurril: Erst reicht Framatome/ANF beim Verwaltungsgericht Frankfurt einen Eilantrag ein, dann unterläuft das Unternehmen selbst das Verfahren. Damit steht die im Atomgesetz geforderte Zuverlässigkeit des Betreibers der Brennelementefabrik ernsthaft in Frage. Wir erwarten jetzt von der Staatsanwaltschaft, aber auch von Framatome/ANF zügige Aufklärung und den sofortigen Stopp sämtlicher Brennelementexporte,“ erklärte Alexander Vent von dem Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland.
Der Lingener Geschäftsführer von Framatome/ANF, Peter Reimann, war sich der Brisanz der Exporte schon im Oktober 2020 bewusst. Am 16.10. hieß es in der Lingener Tagespost mit Blick auf die ebenfalls beklagten Exporte von Lingen an die belgischen AKW Doel 1 und 2:
„ANF werde die bestehende Genehmigung vollziehen, sprich wie geplant mit der
Lieferung der Brennelemente nach Doel beginnen, falls das Verwaltungsgericht nicht in den nächsten Tagen über den Eilantrag entscheide. Trotzdem wäre Reimann eine Entscheidung recht: „Ich möchte nicht den Export unterschreiben und habe hinterher den Staatsanwalt am Hals.“
„Das Vorgehen von Framatome/ANF wirft auch die Frage nach der politischen Kontrolle der Brennelementefirma durch die zuständigen Bundesbehörden BAFA und BASE auf. Wie konnten diese anscheinend rechtswidrigen Exporte unter den Augen gleich zweier Bundesämter passieren? Warum sorgte das BAFA nicht dafür, dass die aufschiebende Wirkung der Widersprüche aus Baden-Württemberg rechtsverbindlich an alle Beteiligten kommuniziert wurde? Als Oberaufsicht ist jetzt das Bundesumweltministerium dringend gefordert, um aufzuklären und politische Konsequenzen zu ziehen. Es kann nicht sein, dass sich Framatome/ANF einfach über den Rechtsstaat hinwegsetzt – Brennelementexporte sind nicht länger hinnehmbar,“ ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Weitere rechtliche Schritte
Bereits in der nächsten Woche ist ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt zu dem Eilantrag von Framatome/ANF bezüglich der Exporte von Lingen nach Leibstadt zu erwarten. Anti-Atomkraft-Initiativen prüfen unterdessen weitere rechtliche Schritte gegen Framatome/ANF.
Bereits letzte Woche hatte auch der BUND NRW einen neuen Widerspruch gegen die Brennelementexporte von Lingen nach Doel eingereicht, sodass auch diese Transporte wieder rechtlich blockiert sind.
Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, AKU (Arbeitskreis Umwelt) Schüttorf, AKU (Arbeitskreis Umwelt) Gronau, SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, BBU (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz)
Weitere Infos:
https://atomstadt-lingen.de, www.sofa-ms.de, www.bbu-online.de
Kontakte:
Alexander Vent (Bündnis AgiEL): Tel. 0157-59690000
Matthias Eickhoff (Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen): Tel. 0176-64699023