(Mi., 08-08-2012/Di) Zum Auftakt ihres 25-jährigen Jubiläums lädt die Arbeitsgemeinschaft für Mittwoch, den 22. August, 19.00 Uhr zur Premieren-Veranstaltung des Films Das Ding am Deich ins Braunschweiger Kino Universum . Anschließend Diskussion mit Regisseurin Antje Huber und Gästen aus Brokdorf. Dabei geht es nicht (nur) um Nostalgie, sondern gerade auch um die Frage was aus alle dem folgt. Trailer zum Film
Wenn heute von Bundesregierung und in der breiten Öffentlichkeit über Atomausstieg und Energiewende diskutiert wird, so ist das nicht zuletzt denen zu verdanken, die sich schon Anfang der 70er Jahre mit aller Entschiedenheit gegen die Atomenergie zur Wehr setzten und denen, die über Jahrzehnte nicht müde wurden, dagegen zu protestieren und Alternativen aufzuzeigen. Mit einer Bauplatzbesetzung im Wyhler Wald im Südwesten Deutschlands setzte die örtliche Bevölkerung 1975 ein erstes bundesweites Zeichen. Das Kraftwerk wurde nie gebaut. In dem kleinen Ort Brokdorf wurde der Protest dann 1976/77 zu einer Massenbewegung, die Tausende aus ganz Deutschland an die Unterelbe nach Schleswig-Holstein führte. Es folgten Demonstrationen in Grohnde (März 1977) und Kalkar (September 1977).
Der Dokumentarfilm "DAS DING AM DEICH - Vom Widerstand gegen ein Atomkraftwerk" von Antje Hubert erzählt von dieser Bewegung aus der Perspektive der widerständigen Dorfbewohner, und er macht deutlich, wie nachhaltig der Protest und schließlich das AKW in der Nachbarschaft das Leben der Einzelnen verändert hat.
Was uns mit Brokdorf verbindet.
Mitte der 70er Jahre entstand auch in der Region Braunschweig eine Vielzahl von Gruppen, die sich kritisch mit Atomenergie auseinandersetzten und in sporadischen Regionalkonferenzen trafen. Themen vor Ort waren die ASSE II, in die bis 1978 Atommüll eingelagert wurde, und Schacht KONRAD in Salzgitter. Für viele, vielleicht die Mehrheit der damals Aktiven stand aber die grundsätzlich kritische Auseinandersetzung mit der Atompolitik im Vordergrund. Dafür standen Symbole wie Brokdorf, das nach einer ersten Demonstration am 20. Oktober 1976 binnen zweier Wochen mit einem Doppelsicherungszaun und eingebauten Wasserwerfern zu einer Festung ausgebaut wurden, Grohnde und später v.a. Gorleben. Mehrfach fuhren in den späten 70er und frühen 80er Jahren Bus-Konvois aus Braunschweig zu den großen Demonstrationen in Brokdorf oder soweit sie kamen. Fast drei Jahrzehnte später, am 24. April 2010 machten sich erneut Busse aus der Region auf den Weg nach Brokdorf, um sich hier vor dem Reaktor an der Menschenkette Krümmel – Brokdorf – Brunsbüttel zu beteiligen.
Die Gäste
Antje Hubert, für DAS DING AM DEICH – VOM WIDERSTAND GEGEN EIN ATOMKRAFTWERK ausgezeichnet mit dem DEFA-Förderpreis beim Filmfestival Max-Ophüls-Preis Saarbrücken 2012 .
In der Begründung heißt es: Die Dokumentation erzählt von den Gegnern des Atomkraftwerkes Brokdorf in der Wilstermarsch in Schleswig-Holstein und ihrem Alltag zwischen Aufbegehren und Resignation. Der Film verfolgt das Leben der Marschbewohner mit ihren Erfolgen und Niederlagen vom Baubeginn des AKW 1976 über die Inbetriebnahme 1986 bis zur Katastrophe von Fukushima und dem folgenden Atomausstieg. Antje Hubert dokumentiert konsequent die Geschichte einer Bewegung gegen die Atomtechnologie, die sich zum allgemeinen politischen Protest in der Bundesrepublik ausbreitete. Die Regisseurin begleitet die engagierten, liebenswerten Protagonisten in ihren Erinnerungen und aktuellen Protestaktionen. Damit zeichnet sie sensibel und hoch emotional ein Stück Lebensweg, der durch den beharrlichen Kampf um Demokratie und Mitbestimmung geprägt ist. Die kontinuierliche Dokumentation über diesen langen Zeitraum sowie die Fülle an Archivmaterial und Zeitzeugengesprächen machen den Film zu einem in dieser Art einmaligem Zeitzeugendokument der jüngeren deutschen Geschichte.
Karsten Hinrichsen und Heinrich Voss [brokdorf-akut ]
Von seinem Haus aus kann Karsten Hinrichsen (rechts) die Atomkraftwerke Brunsbüttel, Stade und Brokdorf sehen. In der Auseinandersetzung um Brokdorf war der Meteorologe von Anfang an mit Rat und Tat dabei, klagte noch beharrlich gegen die Genehmigung, als der Reaktor 1986 in Betrieb gegangen war. Im KONRAD-Erörterungstermin 1991 war Hinrichsen als Sachbeistand für die Arbeitsgemeinschaft tätig. Wie an vielen Standorten sah sich vom Bau des AKW Brokdorf v.a. die Landwirtschaft bedroht und viele Familien und Höfe beteiligten sich an Kritik und Protesten, so auch Heinrich Voss (links) als junger Landwirt. Aktiv ist Voss geblieben, in der Kommunalpolitik, gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke oder bei der Menschenkette 2010.